Bauch*Reportage*39-1
[vor vier Jahren: Das letzte *vorher* Bild von uns zweien, quasi DomiundBini 1.0]

Über die eigene Ehe zu sprechen ist ja ganz leicht – so lange alles leicht ist. Und schwieriger wird’s, wenn’s schwieriger wird. So wie bei uns in der letzten Zeit. Schwierig sind nicht unbedingt wir (im Gegenteil, wir sind toll!), schwierig sind unsere Umstände. Kinder werden synchron-krank, Unterstützung fällt aus, berufliche Ambitionen zerren an dem ein oder anderen Teilnehmer unserer Ehe und unter all diesen Einflüssen werden auch wir ein wenig schwierig. Jeder auf seine Art natürlich. Und der Tiefpunkt ist dann, wenn man sich nach einem Tag voll 27 Wäschebergen und nörgelig-fiebernden Kinder auf der einen Seite und  27 anstrengende Meetings und keine Verschnaufspause auf der anderen Seite trifft und genau das tut, was jedes andere gute Ehepaar an unserer Stelle auch tun würde: Vor Erschöpfung streiten.

Gott steh uns bei.

An einem dieser denkbar anstrengenden Abende sind wir auf einen Kernpunkt gestoßen. Es ist ein Cliché und ein Klassiker unter den ehelichen Uneinigkeiten, aber das macht es nicht weniger fies. Es geht darum, dass sich durch unsere traditionelle Rollenaufteilung (Mann = Arbeit, Frau = Familie) unser Alltag grundlegend unterscheidet und das gegenseitige Verständnis nachlässt. Und das ist neu für uns.
Wir haben uns 1999 als Schüler kennen gelernt. Da waren wir 14 und 15 Jahre alt [an dieser Stelle  sämtliche Herzchen-emojis einfügen]. Wir sind ein Paar geworden und haben eigentlich alles Wichtige parallel gemacht. Wir waren zusammen in der Schule, wir haben gemeinsam Jugendarbeit gemacht. Wir haben zusammen studiert und waren zusammen in NYC. Wir haben gleichzeitig unsere Abschlussarbeiten geschrieben, haben gemeinsam am Aufbau vom heimathafen gearbeitet (ich natürlich weniger), haben gemeinsam eine Familie gestartet und BÄM! Hier trennen sich die Wege.

Fakt ist, wir wollen so leben. Der heimathafen ist trotz aller Kosten Dominiks Traum und meine Entschlossenheit ihn darin zu unterstützen lässt keinen Moment nach. Meine Zeit mit den Kinder ist unglaublich wertvoll für mich und in Kombination mit Vormittagen für meine Projekte und Idee ein absoluter Traum. Die Aufteilung ist gut und macht Sinn. Trotzdem entfernt es uns voneinander, weil ich keine Ahnung davon habe, wie man sich nach 27 Meetings ohne Pause fühlt und er keine Ahnung hat, wie es ist, wenn man sich von nörgelig-fiebrigen Kindern und Wäschebergen gleichzeitig über- und unterfordert fühlt.

Ich erinnere mich noch gut an die Tage und Wochen nach der Geburt von der kleinen großen
Norali – alles war neu und fremd und schön und anstrengend und glücklich und die Brust tat weh. Und ich erinnere mich noch gut daran, dass ich einen Moment inne gehalten habe und mich von „Domi und Bini“ verabschiedet habe. Und wirklich, ehrlich traurig war, weil es uns nie, nie, nie wieder als „Nicht-Eltern“ geben wird. Und das ist gut so, weil ich mir diese Familie sehnlichst gewünscht habe und weil wir sie ja AUCH zusammen haben. Aber wir zwei, nur er und ich, oh Mann, das war schon sehr, sehr geil. Und ich war traurig, dass diese Phase in unserem Leben abgeschlossen ist.

So geht es mir auch heute noch manchmal. Manchmal vermisse ich uns. Manchmal habe ich aus dem Nichts heraus Visionen davon, wie wir sorglos und kinderfrei über eine sonnige Piazza irgendwo im Süden schlendern und zu zweit Wein trinken gehen. Manchmal träume ich davon, dass wir morgens aufwachen, dann mit einem Kaffee im Bett sitzen und dem Baum da draußen zuschauen, wie er sich in der Morgensonne hin- und her wiegt.

So wie heute morgen.

Die Kinder sind nämlich bei den Großeltern und wir hatten den herrlichsten Domi und Bini Morgen der Welt. Mit Kaffee und Ruhe und guten Gesprächen über kleine und große Dinge. Und natürlich über unsere Kinder. Zufällig haben wir nämlich die coolsten Kinder der Welt, das wissen wir beide ganz genau. Sie haben uns so sehr geprägt in den letzten Jahren. Sie bereichern unser Leben unmessbar.
An unserem schönen Morgen habe ich gemerkt: „Wir“ sind immer noch da. Und wir sollten uns ab und an Zeit nehmen, uns daran zu erinnern. Und dann wird auch schnell klar, dass wir uns immer noch einig sind (meistens), auch wenn der Alltag sich unterscheidet (sehr).

Wir werden nie wieder ein Studentenpaar sein, dass gemeinsam über Klausurphasen meckert und die Semsterferien genießt. Aber diese Phase ist eigentlich nur anders und nicht unbedingt schlechter. Vielleicht steckt in dieser neuen Alltags-Aufteilung auch die Chance, den anderen zu sehen und wert zu schätzen, gerade weil er eben anders ist. Und ganz egal, wie viel wir gemeinsam durchleben oder nicht, können wir uns gegenseitig anfeuern. Er kann sagen „boah, diese nörgeligen Kinder, da bist du echt super ruhig geblieben gerade und Danke für die sauberen Hemden“ und ich kann sagen, „klar, gern, die brauchst du ja für die 37 Meetings, die morgen anstehen und übrigens, bewundernswert, wie du das machst, so ganz ohne Pause.“

 

Hm. Ich glaube ich bin noch nicht ganz fertig mit diesem Thema. Aber ich habe das Gefühl, die Gedanken gehen schon mal in eine gute Richtung. :)
Mich würde wirklich brennend interessieren, wie es euch damit geht, mit den sich-verändernden-Beziehungen… Schreibt mir oder hinterlasst einen Kommentar! Bin gespannt!

Eine frieden-findende Bini

P.S. Womit ich meinen Frieden NICHT finde: dass wir kein, nicht ein aktuelles Foto von uns zu zweit haben. Weil wir Fotos zu zweit nicht mehr machen. Das ist wirklich nicht ok. Das werde ich ändern!

 

8 Antworten

  1. Oh, liebe Bini, du hast so Recht!

    Ich muss darüber nachdenken…du eröffnest eine Perspektive, die ich noch nicht eingenommen habe / einnehmen konnte. Nämlich die Möglichkeit, das der Alltag meines Mannes auch anstrengend sein könnte…das scheint schier unmöglich, denn:
    Kann irgendwas anstrengender sein, als MEIN Alltag? In meinem Kopf nicht.
    Aber vielleicht zumindest genauso anstrengend.
    Ja?!?!
    Niiemals kann ein Büroalltag so anstrengend sein, wie der Alltag mit Kindern! Oder?!
    Hm. Hm.
    Ich hasse Streit. Und das tun wir leider (auch) gerade regelmäßig. Bäh.

    Liebe geschaffte Grüße von mir zu dir und immer her mit den Tipps!!

  2. Hm… Ja, das kenn ich auch, liebe Lena.
    Aber lustigerweise auch andersrum: Dominik kommt nach Hause und will mir freudestrahlend von einem neuen Partner/Deal/Beratungserfolg erzählen, während meine beste story ist, dass ich Hackfleisch gebraten und mein Kind aufs Klo gesetzt habe und mich schnell noch stoppen konnte, das Fleischkrümmelchen, das auch meinem Arm lag abzulecken. GottseiDank, denn ja, es war in echt -natürlich- Kacka. [Edward-Munch emoji + Affe-hält-sich-die-Augen-zu].
    Ich habe immer eher das Gefühl, rein objektiv betrachtet schlägt der Dominik bedeutendere und größere und anstrengendere Schlachten als ich und ich muss ihn dann – müde, wie ich bin – von der Bedeutsamkeit, Größe und Anstrengung meiner Schlachten überzeugen (=Streit). Auch doof.
    So oder so: eigentlich können wir davon ausgehen, dass im Moment wirklich jeder alles gibt, was er hat. Ob sich das in Bolognese oder Geld für die Bolognese niederschlägt ist ja eigentlich egal.

    Ein Hoch auf DICH, und darauf, wie du deinen anstrengenden Alltag meisterst, liebe Lena! Ich bewundere dich dafür. Und ich glaub dein Mann auch ;)

  3. Auch als Nicht-Mama fand ich es sehr interessant, was du da so geschrieben hast. Auch wenn wir vielleicht noch nicht an diesem Punkt sind, ist es gut es sich im Hinterkopf zu behalten. Ich finde jede Mama bemerkenswert und wunderbar was sie macht (als Erzieherin weiß ich was eine aanstrengung es manchmal bedeutet…)
    Ich denke diese Phasen werden nie aufhören, sei es dass einer arbeitet und der andere nicht studiert, einer Zuhause und einer auf der Arbeit ist, oder vielleicht mal einer Renter und der andere noch arbeiten gehen muss. Natürlich kann ich nicht aus eurer Perspektive sprechen, aber ich wünsche jedem dass er einen guten Freund, Geschwister oder Großeltern hat, die „hier“ schreien und Platz machen für einen Abend oder Wochenende für Zweisamkeit!

    Ich bewundere euch als noch-nicht-Mama
    Sarah

  4. Liebe Bini,
    es ist schön wie toll du diese Situationen in Wort fassen kannst😊
    Und ja, ich kann dir nur zustimmen!!!
    Mir fehlt unser „wir“ auch sehr. Dabei ist es eigentlich ja da, zumindest wenn die kleine schläft( doch meist Schlaf ich dann gleich mit ein)
    Ich habe wieder angefangen zu arbeiten und hab das andere( Das bisschen Haushalt)sagt mein Mann (grins) auch noch an der Backe. Es ist schön mal wieder was anderes zu tun, vorallem über andere Themen reden mit meinen Kunden.
    Das heißt aber auch 7:30 -14/30 arbeiten( zweimal die Woche noch abends 17-21 Uhr) dann die kleine abholen und spielen putzen waschen kochen einkaufen nicht vergessen….. selber was zu essen und zu trinken. Irgendwie hab i h mir das ganze einfacher vorgestellt mmmhhhhh.
    Aber es macht auch Spaß.
    Ich vermisse nur uns.
    Manchmal Schlaf i h ein wenn er mir was wichtiges erzählt von seiner Umstrukturierung auf Arbeit oder die 1000000 Meetings am Tag.
    Es ist einfach überall das selbe. D :)
    Wenn wir dann mal so einen Tag haben wo wir wie du geschrieben hast mal im Bett sitzen können und Kaffee trinken und Zeit haben( weil die große die kleine uns abnimmt) dann ist es wie vor 16 Jahren. Einfach wir
    Liebe Grüße
    Du machst das toll
    Mell

  5. Oohhhhhh wie wahr sind doch deine Worte.

    Herzlichen Dank für die Sicht in dein Inneres, den Blick auf deine Gefühle und deine ehrlichen Worte.
    All das, was du da beschreibst, beschäftigt auch mich.
    Auch so fühle ich mich im Moment in meinem Leben.
    Da tut es gut zu hören, dass es anderen Paaren auch so geht.
    Wir sind hochschwanger (1 Woche vor Entbindung) mit einem etwas über 2 jährigen Mädchen umgezogen, d.h. Tobi ist umgezogen! Ich habe gepackt und ausgeräumt und Tobi….
    Ja, er hat sich einfach um alles gekümmert.
    Und danach?
    ….ich hatte das Baby und er alles andere auf seinen Schultern. Wie sagte meine Hebamme, wenn ich mal wieder weinte, weil es mir so leid tat, dass er alles alleine meistert
    „Er ist groß, er schafft das!“
    Ja und genau das macht unsere Männer aus!
    Sie schaffen es, weil sie uns damit schützen und glücklich machen. Genauso wie wir „unsere Arbeit“ für sie schaffen.
    „Angst“ bekomme ich nun auch mit einer fast 2 1/2 jährigen und einem 8 Wochen alten Baby, dass man sich als Paar verliert.
    Neben Hochzeit, Taufen, Geburtstagen und etlichen Terminen ist es oft schwer, aber es wird sicher besser und nun wo ich deine Worte gelesen habe, schöpfe ich Mut, dass es tatsächlich besser wird.
    LIEBE siegt.
    TEMPUS FUGIT, AMOR MANET
    In diesem Sinne….
    Von Herzen liebste Grüße an deine Familie

    P.s.: immernoch erinnern wir uns sooooo gerne an den Tag eurer Hochzeit und sind stolz ein Teil davon gewesen zu sein.
    Vorallem erinnere ich mich an DICH liebe Bini am Tag deiner standesamtlichen Trauung 😍

  6. Wow! Du hast den Nagel so auf den Kopf getroffen das mir beim lesen ganz anders geworden ist… Mir geht es ganz genauso. Ich bin seit anderthalb Jahren mit den Kids daheim. Davor haben wir immer beide Vollzeit gearbeitet und uns abwechselnd (er morgens, ich abends) um die Kids gekümmert. Unser Alltag war also sehr ähnlich. Jetzt ist er sehr unterschiedlich. Obwohl ich den Alltag meines Mannes theoretisch gut nachvollziehen können sollte, ist dem nicht so. Und er kann meinen Alltag und meine Schwierigkeiten nicht ganz nachvollziehen. Das macht das Eheleben komplizierter. Am Samstag haben wir unseren 11. Hochzeitstag mit den Kids in einer Hütte in den Bergen gefeiert. Wir hatten ein paar Momente zu zweit um in die Ferne zu schauen und nur über uns zu reden. Es war schön das „uns“ zu erleben und ich hoffe das wir über den Sommer hinweg noch viele solcher Momente in dieser Hütte erleben werden und mehr von uns zurückerobern können. 😊

  7. Ihr Lieben,
    ich habe mich soooo über all eure Nachrichten gefreut (auch persönliche!) Danke!!
    @Sarah, ich denke auch total, dass die Sache eigentlich alle Paare betrifft, weil sich die Lebensumstände immer wieder verändern und man sich als Paar neu erfinden und wieder finden muss. Danke für deine Worte, ich finde die Vor-Kinder-Sicht immer spannend!
    @Mell, ja, krass, du stemmst da ja einiges! Hut ab! Und wie gut, dass ihr euch kleine Ehepaar-Auszeiten nehmen könnt! Hach, herrlich.
    @jke, Haha, Danke für den Hinweis! Das wär schon was, wenn man seinen eigenen Flickr-Account kennen würde… Ha!
    @Tasha, krass, krass, krass. Hochschwanger umziehen und jetzt ist das Baby 8 Wochen alt? Ich bewundere dich schon allein dafür, dass du hier so zusammenhängede, sinn-ergebende Sätze schreibst! Ich war zu dem Zeitpunkt noch damit beschäftigt mit Baby auf der Couch zu weinen (und nachmittags gegen das Trotzkind zu kämpfen, argh). Es wird soooo viel besser, ganz sicher! Und gegen das „sich-verlieren“ hilft es eben, sich zu zweit Zeit rauszunehmen, sobald es geht. Ihr macht das sicher super! Ich feuer euch von hier aus an :)
    @Janina, ja, das kenn ich gut, dass man den Alltag nicht nachvollziehen kann, obwohl man es „theoretisch“ könnte. Oh Mann. Aber hey, so eine Hütte klingt ECHT perfekt! Supercool! Ich hoffe auch, ihr könnt das öfter machen! So einfach in der Natur sitzen, ohne Ablenkung… Das ist schon was. Lustigerweise haben wir das auch vor, im Juni. Da gehn wir auf große Reisen :) Ich wünsche euch tolle Hütten-Zeiten!

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